Mordslieder
...über abgründige Poesie
und giftige Leidenschaft

Rheinische Post
Wie Frau, die sich in Hitdorf ein Haus baute, um laut singen zu können

VON GABI KNOPS-FEILER
HITDORF
Wie laut ihr Gesang wirk-lich ist, hat Britta von Anklang noch nie gemessen. Dass ihr Canto deut-lich vernehmbar ist, steht außer Zweifel. Nicht umsonst sagt sie: „Ich möchte nicht neben mir wohnen." Und: „Für Nachbarn ist das schlim-mer als vier Kinder und ein Hund." Weil die Opernsängerin und Musik-kabarettistin bislang als Hausgenossin nicht gerade beliebt war, beendete sie kurzerhand sämtliche Klagen und baute sich in Hitdorf ihr eigenes Haus. Dort wohnt sie seit wenigen Wochen: ungestört und glücklich.
Ob ihr die musikalische Laufbahn in die Wiege gelegt wurde, vermag die Tochter einer Deutschen und ei-nes Halb-Chinesen nicht zu sagen. Fest steht dagegen: Schon als Vier-

..Ich möchte nicht neben mir wohnen"
Britta von Anklang
Opernsängerin


jährige trällerte sie „die Tante" des Kindergartens ihrer Heimatstadt Düsseldorf in Grund und Boden.

Bis zum Kinderchor der Deutschen Oper am Rhein war es somit ein kleiner Schritt. Damals kannte sie Opern besser als Songs von Beatles und Bee Gees. Und sie war mit Hei-no auf dem Titel einer Illustrierten abgebildet. Britta Kungney, so lautet ihr eigentlicher Name, war 19 Jahre, als sie Gesang und Klavier an der Robert-Schumann-Musikhochschule studierte, dazu Flamenco, Jazz- und Stepp-Tanz lernte. Gerade wollte die staatliche diplomierte Gesangslehrerin die Opernhäuser dieser Welt erobern, da bemerkte sie, dass sie witzig sein kann. „Ich habe eben ein lustiges Naturell", be-schreibt sich die 47-jährige Künstle-rin. Ihr Herz gehörte der Klassik, ihr Kopf aber liebte Kabarett. Also sang sie fortan freche, deutsche Chansons. Mit ihrem Soloprogramm „Mordsprogramm" gewann sie prompt ihren ersten Preis, einen „Silbernen Xaver", den Xantener Kleinkunstwettbewerb der Rheini-schen Post. Es folgten Jahre, in denen von Anklang - diesen Künstlernamen hatte sie sich inzwischen zugelegt, „weil sich fast 20 Jahre lang nie jemand meinen richtigen Namen merken konnte" - unter anderem eine fünfjährige Verpflichtung an einer niederländischen Oper annahm und auf Kreuzfahrtschiffen durch die Welt tingelte.
Inzwischen hat sich die Kabarettistin - wenn sie nicht gerade Gesang unterrichtet - mit bösen Pointen, viel Wortwitz und wunderbarem Gesang in die Herzen vieler Menschen gespielt und sich, spe-ziell rheinabwärts, einen Namen ge-schaffen. Jetzt möchte sie mit ihrer Kunst auch Bühnen in Richtung Sü¬den erobern. Der Anfang dazu ist
„Künstlername? Weil sich 20 Jahre niemand meinen Namen merken konnte"
Britta von Anklang,

eigentlich Kungney
geschafft. Rund 100 Hitdorfer waren zuletzt begeistert von ihrem So-loprogramm „Ich und mein kleiner grüner Kaktus". Die Künstlerin ist überzeugt: „2013 wird mein Jahr." www.musikkabarett-britta.de

 

Kungneys „Mordslieder“
LANGENFELD. (...) Im Laufe des Programms nähert sie sich dem Weg allen Fleisches auf äußerst vielfältige Art und Weise. Dabei schlüpft sie immer wieder in neue Rollen.

Kleinste Kostümveränderungen, eine andere Sitzhaltung, ein wenig Akzent in der Stimme – schon sitzt dort eine völlig neue Person, die den Zuschauern eine makabere Geschichte erzählt. So rät die Putzfrau Kungney altklug den Männern: „Stirb pünktlich, wir Frauen woll’n zum Schneider, wir können nicht trauern, ohne Trauerkleider...“ – und dann wäre es ja zu schade, wenn das Gewand bis zur Beerdigung wieder aus der Mode komme.

Für den schönsten Moment des Abends sorgte dann Kungneys Erklärung, warum sie – wenn sie schon abtreten müsse – im Stehen sterben möchte. „Das wäre dann wie ein Baum, den man fällt. Wie eine Ähre im Feld.“ (...)

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